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Wie man Begegnungen an der Leine meistert

...ja, wenn..die Hunde sich bereits kennen und entspannt und ruhig sind. 

Das ist ja bekanntermaßen eher selten der fall, kann aber vorkommen und ist dann meist auch total ok.

 

Wenn sich einander fremde Hunde und Menschen begegnen, prallen häufig Welten aufeinander. Meist erfolgt die Annäherung recht schnell, schnurgerade und selten mit dem gleichen Interesse an Kontakt.

Leider sehe ich es sogar ab und zu, dass Hunde, die ganz offensichtlich keinen Kontakt möchten, von ihren Menschen regelrecht zu Hundekontakten genötigt werden.

Doch weshalb sind wir Hundetrainer eigentlich so kleinlich und spaßbefreit, wenn wir euch immer wieder darum bitten, Abstand an der Leine zu halten?

Meist kommt ihr ja in die Hundeschule, um genau das zu üben: Entspannte Hundebegegnungen, nicht hochspringen, nicht an der Leine ziehen und schon garnicht irgendwas gefährliches machen. Oft ist die Leine genau deshalb dran: Damit sich der Hund nicht in Gefahren begibt, die er selbst nicht einschätzen kann.

Das ist zunächst der augenscheinlichste Grund, weshalb es meist üblich ist, auch in Kursen darum zu bitten, dass ihr Abstand voneinander haltet und euch von euren Hunden nicht quer durch die Gruppe zerren zu lassen. Denn so lernen sie, dass es einfach dazu gehört, zu anderen Hunden hinzugehen und das trainiert ihr dann eventuell 5 Minuten später mühsam wieder ab, um es bei der nächsten Gruppenstunde zur Begrüßung wieder anders zu handhaben.

Leinenkontakte sind super, wenn...du distanzloses verhalten fördern möchtest.

Hast du einen dieser Vierbeiner, die gerne direkt zu jedem Hund rennen möchten und manchmal sogar über's Ziel hinausschießen, ist es eine schlechte Idee, deinen Hund an der Leine zu anderen Hunden hinziehen zu lassen.

Dein Hund lernt damit, dass dies die übliche Art ist, auf andere Hunde zuzugehen und wird mit noch mehr Wumms angelaufen kommen (er hängt ja schon schön in der Leine), als wenn er sich im Freilauf befindet.

Die Individualdistanz von Hunden ist sehr unterschiedlich und es kommt schnell zu Missverständnissen und Konflikten. Vielleicht merkst du manchmal garnicht, wie dein Hund andere Hunde überrumpelt. Manchmal scheint der andere Hund sogar ebenfalls spielähnliches verhalten zu zeigen. Das kann aber genauso gut eine Konfliktlösungsstrategie sein und der einzige Weg, um diese übergriffige Begrüßung zu handeln. Weglaufen geht ja nicht.

Kultivierst du das regelmäßige Begrüßen an der Leine, gewöhnst du deinem Hund damit meist eine Erwartungshaltung an. Diese kann positiv wie negativ sein: 

1) Geil, ein Hund. Nix wie hin und Hallo sagen...

2) Oh Nein, ein Hund. Nix wie weg, sonst muss ich Hallo sagen.

Diese kurzen Begrüßungen an der Leine sind meist nicht dazu geeignet, um sich kennenzulernen und die Grenzen des anderen auszuloten. Beziehungsweise: Das Alles läuft im Schnelldurchlauf ab und stresst besonders erwachsene Hunde meist mehr, als dass es einen wirklichen Mehrwert bietet.

Kommunikation ist an der Leine nur sehr eingeschränkt möglich: Der Bewegungsspielraum für Körpersprache ist eingeschränkt und es dauert häufig nicht lange, bis die Leinen verknoten oder zwei umherhüpfende Hunde üben, wie es sich anfühlt mit Dampf in die Leine zu hopsen.

Ist es dann einmal nicht möglich, die Erwartungshaltung des Hundes Nr 1) zu erfüllen, kommt es nicht selten zu Frust. Passiert das häufiger, sind die Erfahrungen deines, eigentlich sehr begrüßungsfreudigen Hund durchwachsen und das stellt wiederum einen super Nährboden für Leinenfrust und später Leinenaggression dar. 

Hund Nr 2) wird wahrscheinlich eher froh sein, wenn er einen höflichen Bogen um den vierbeinigen Passanten machen darf.

Hundebegegnungen an der Leine sind auch super, wenn...

Lässt du Leinenbegegnungen unkontrolliert zu, führt das früher oder später immer zu der Erfahrung, dass die Leine einschränkt. Sowohl im Spiel mit einem anderen Hund, als auch in der Konfliktlösung und erst recht, wenn es darum geht, mehr Distanz zu schaffen.

Unterschätze auch nicht, dass ein Welpe oder junger Hund meist noch sehr fröhlich agiert, sich dies aber ändern kann und sich die Auswirkungen solcher Lernerfahrungen häufig erst einige Monate später zeigen. Nämlich dann, wenn der einstige Welpe oder Junghund langsam ein Gefühl für seine eigene Individualdistanz entwickelt.

Berücksichtige auch, dass viele erwachsene Hunde eine Individualdistanz von etwa 2 Metern als angenehmes Minimum empfinden. Nicht jeder Hund wird deinen Vierbeiner freundlich Begrüßen. Manche Hunde müssen mühsam lernen, dass sie sich an der (einschränkenden aber manchmal notwendigen) Leine ihres Menschen sicher fühlen können. Für solche Hunde sind Überrumpelungsaktionen wie "Der will nur mal Hallo sagen" pures Gift.

Möglicherweise mag ein Hund überhaupt keine schnellen Hallo-Kontakte und benötigt mehr Zeit zum Annähern. Indem du höflichen Abstand hältst und dafür sorgst, dass sich dein Hund neutral verhält und an anderen Hunden vorbeigeht, vermeidest du Missverständnisse unter Hunden mit unterschiedlichen Bedürfnissen.

Indem du mit deinem Hund übst, dass es nicht üblich ist, angeleinte Hunde zu begrüßen, bewahrst du ihn also auch vor unnötigen, negativen Erfahrungen. Es spricht ja nichts dagegen, bei Sympathie abzuleinen oder ein "Playdate" ohne Leine auszumachen. 

Wie sollen Hunde sich denn dann begrüßen?

Wenn ich es mir backen könnte: Verabredet euch an einem Wald oder Wiesenplatz. Geht eine Weile mit angeleinten Hunden nebeneinander her und übt aufmerksames Verhalten. Sind beide Hunde ruhig, also die Rute hängt entspannt nach unten, die Muskulatur ist locker und die Stimmung im Allgemeinen gut, könnt ihr beide Hunde gleichzeitig ableinen.

Tut dies ohne viel Tamtam und seid nicht enttäuscht, wenn sich beide nicht aufeinander stürzen und lostoben. Das ist sogar wünschenswert. So ist langsames und höfliches Kennenlernen möglich, indem sich beide Hunde die Freizeitaktivitäten des anderen anschauen, mal hier und mal dort schnüffeln und langsam ins Gespräch kommen. 

Vergleiche die Situation auf einer Geburtstagsfeier: Es gibt immer die eine Person, die alle unterhält, jeden anquatscht, immer ein bisschen zu gut drauf ist und dich nach 5 Minuten Gespräch fragt, ob du sie wohl später noch nach Hause fahren kannst. Damit meine ich ich nicht den/die Gastegeber*in. Manche Leute kommen damit klar. Viele andere empfinden dieses Verhalten als aufdringlich. Irgendwie scheinbar zufällig ins Gespräch zu kommen und dann festzustellen, dass man sich sympathisch ist und auf einer Wellenlänge ist oder eben nicht, braucht ein bisschen mehr Zeit. Wenn man keine gemeinsame Ebene findet, lässt man es einfach auslaufen.

Aber die müssen doch auch mal spielen?

Klar. Hunde sind soziale Lebewesen und genießen es, wenn sie in ihrer "Muttersprache" kommunizieren können. Einer der Gründe, weshalb sich in Gruppen meist sogar die Hunde zusammenfinden, die sich auch vom Typ und im Körperbau, also der Optik ähnlich sind.

Hunde müssen aber nicht andauernd mit jedem fremden Hund ins Gespräch kommen. Du begrüßt ja auch nicht jeden entgegenkommenden Passanten mit Handschlag und fragst, wie das Frühstück war oder fällst ihm gleich um den Hals?

Es ist vollkommen ok, wenn dein Hund vielleicht sogar nur einen besten Freund hat.

Das Leben deines Hundes kann dennoch reich an Kommunikation mit Artgenossen sein.Diese beginnt oft schon lange, bevor du das merkst. Auch das ist Sozialkontakt.

Spielen an der Leine funktioniert nicht oder nur sehr, sehr eingeschränkt. Also erübrigt sich dieses Argument ohnehin, wenn es um Begrüßungen an der Leine geht.

Wie kann ich es an der Leine besser machen?

Es ist nicht nötig, angeleinten Hunden großräumig auszuweichen und es geht auch nicht um Panikmache oder darum, dass Hunde dauernd überreguliert werden. Aber es ist auch nichts dabei Rücksicht zu nehmen. Besonders, wenn du einen sehr verspielten und freundlichen Hund hast, ist das doch besonders toll, wenn du diesen auch noch zu Höflichkeit erziehst und noch mehr Lob erntest ;-)

Kommt dir ein angeleinter Hund entgegen, gehe einfach daran vorbei. Hast du Sorge, dass das nicht klappt, mache einen Bogen, der es dir erlaubt, deinen Hund währenddessen dafür zu belohnen, dass er sich so toll auf dich konzentriert.

Je häufiger du das übst, umso eher wird dieses Verhalten zur Gewohnheit und Leinenbegegnungen mit weniger Abstand verlaufen bald  ebenfalls entspannter.

Sind eure Leinenbegegnungen oft anstrengend?

Dies kann verschiedene Gründe haben. Aber es lohnt sich daran zu arbeiten und Hundekontakten steht dies ja trotzdem nicht im Wege. Ganz im Gegenteil. kann dein Hund sich entspannt und ruhig anderen angeleinten Hunden nähern, stehen die Chancen auf Sympathiebekundungen und einen Freilauf meist gleich noch besser. 

Zeigt dein Hund unsicheres oder aggressives Verhalten an der Leine, lohnt es sich erst recht.

Wenn du magst, kannst du mich gerne kontaktieren.

Viel Spaß beim Gassigehen, 

deine

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