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VW Touareg, neu, für 5000 € abzugeben

Beruhigt euch. Natürlich gibt es nicht "den" Tierschutz und natürlich gibt es ganz tolle, sehr kompetente und verantwortungsvolle Organisationen im In- und Ausland. Und natürlich ist man nicht selbst schuld, wenn man angelogen oder betrogen wird. Obwohl...vielleicht schon ein bisschen.

Denn wer denkt, den Schnapp des Lebens ergattert zu haben und einen kaum gefahrenen, fast neuwertigen VW Tiguan für 5000 € über eine super sympathische Website kauft und dann heult, weil man sich das Auto ganz anders vorgestellt hat... naja, merkste selbst.

Würde uns aber nie passieren, denn wir informieren uns und recherchieren Moooonate, bevor wir ein Auto kaufen, dass wir die nächsten 10 bis 15 Jahre fahren wollen.

Da werden Hubraum, Ausstattung und potenzielle Verschleißprobleme mit Garantiefällen verglichen, der Wiederverkaufswert recherchiert und ein geeigneter Händler gesucht. Davor besucht man zig Autohäuser, fährt Probe, tauscht sich aus, kennt jede Marke und jedes Modell und dann, irgendwann, kauft man.

Bei Hunden? Sieht man ein Foddo, findet die Website von Verein oder Zuchtstätte sympathisch, will JETZT endlich einen Hund, die Frau am Telefon klang so nett, brettert zum Treffpunkt, legt 300-bis 400 € auf den Tisch und kauft. Ja, kauft. Einen Hund. Und nein, man kann Hunde nicht "adoptieren". Hätte das Kaufen eines Hundes von einer Tierschutzorga nur ansatzweise etwas mit einem Adoptionsprozess zu tun, würden nicht so viele Hunde nach wenigen Monaten im nächstbesten Tierheim abgeladen oder halt irgendwie zu Hause verwahrt werden.

 

Und die Vereine? Die wollen doch nur das Beste für die Hunde? Die geben ja schließlich nicht JEDEM einen Hund. Was hätten die denn davon?

Die schauen ja schon genauer hin. Manchmal sogar übertrieben finde ich. Wie man sich da rechtfertigen muss:

"Meine Tante, die wollte einen Hund aus einem deutschen Tierheim ADOPTIEREN und hat keinen bekommen, weil sie im 5. Stock wohnt und Vollzeit berufstätig ist. Jetzt hat sie einen aus Rumänien GERETTET. Die wollte sich eh mal bei dir melden, weil der momentan ein bisschen Probleme macht."

 

Ach, komisch. Kann ja garnicht sein, dass man einen Hund von irgendwoher in ein Shelter zerrt, von dort in einen Transporter, bis er dann irgendwann in eben diesem 5. Stock gelandet ist und jetzt garnicht so gut damit klar kommt, täglich 8 Stunden alleine in einer 2 Zimmer-Wohnung abzustylern und von Dankbarkeit für 3 Gassirunden und feste Essenszeiten keine Spur zu spüren ist. Und wie ein ruhiger, verträglicher Hütehund-Labrador-Mix verhält er sich auch nicht. Schade. 

Naja, nachdem er dann auch noch die Katze der Familie gefressen hat sitzt er jetzt wieder im "Partnertierheim" der seriösen Auslandsorga. War wohl eine Fehleinschätzung. Kann ja mal passieren. Auf der Website steht jetzt seit neuestem, dass "der süße Knopf" nur an einen katzenfreien Haushalt vermittelt wird und Kinder mindestens im Grundschulalter sein sollten.

Wer ist Schuld?

Es liegt nicht im Trend, öffentlich über die Schuld von Hundehaltenden, Tierschutzorganisationen und Vereinen zu sprechen. Schuld sind -wenn überhaupt- Vermehrer. Die Kriminellen. Darauf können wir uns alle einigen. Wohlmeinende Hundehalterinnen und engagierte Vereine machen das ja nicht extra, wenn mal was schief geht. Also sind sie auch nicht schuld, oder?

Vielleicht bekomme ich hierfür einen kleinen Shitstorm. Das nehme ich gerne in Kauf. Denn wir müssen reden. Und zwar ohne Schönmalerei, ohne Entschuldigungen oder Rechtfertigungen. 

Wer hat Schuld daran, dass unpassende Hunde bei unpassenden Menschen landen, die dann unpassenderweise irgendwann keine Lust mehr auf "das Leben mit Hund" haben und dann ein "passendes" zu Hause für ihren Rohdiamanten suchen. Weil es halt leider nicht gepasst hat und der entsprechende Hund sich bei genauerem Hinsehen so unpassend verhält, dass er wahrscheinlich nie wieder irgendwohin passen wird. Außer in einen Zwinger oder gleich in ein Grab.

Vereine und Tierschutzorganisationen

Sich zusammentun, helfen, einen Verein gründen, etwas verändern. Gut gemeint ist nicht automatisch gut gemacht.

Eine schicke Website ist in ein paar Tagen gebastelt und online, Schutzverträge und allgemeine Hinweise zur Vermittlung sind schnell kopiert und Hunde? Ja Hunde gibt es ja sowieso viel zu viele. Lass uns nach Ungarn gehen. Da habe ich eine Freundin, die kennt eine Frau, die nimmt ganz oft Hunde bei sich auf. Mit der könnten wir doch zusammenarbeiten. Mittlerweile gibt es professionelle Unternehmen, die sich auf genau diese Hundetransporte aus dem Ausland spezialisiert haben, Tierheime in Deutschland importieren mitunter ebenfalls gerne aus dem Ausland, weil dann wenigstens ab und zu ein paar Hunde vermittelbar sind. Die Hunde, die bei ihnen abgegeben werden, sind es oft nicht mehr. Was wäre die Alternative? Wie soll man eine reine Endstation für Hunde finanzieren? Hat sowas überhaupt eine Daseinsberechtigung? Lieber gleich einschläfern oder, wie man dann gerne sagt "euthanasieren"? Ist ja auch irgendwie unangenehm, wenn man in der Nachbarschaft ein riesiges Tierheim mit kaum vermittelbaren Hunden ertragen muss, das einen daran erinnert, wie beschissen wir als Gesellschaft mit dem besten Freund des Menschen umgehen. Dann können Schlachthäuser ja auch gleich aus Glas sein. Das will ja keiner. Du?

Und während man den Verein gründet und ganz doll von sich selbst und dem eigenen Engagement gerührt ist, werden bereits fleißig die ersten Hunde auf der Straße eingesammelt:

  • Ein Hund mit Ohrmarke? Ups, was machen wir denn jetzt? Kann man die vielleicht entfernen? Wir können den ja jetzt schlecht wieder zurücksetzen. Der ist mir ganz lange nachgelaufen und wollte die ganze Zeit gestreichelt werden. So ein schlimmes Land.
  • Ach, die Hündin hat jemanden gehört? Glaub ich nicht. Dann wäre sie doch wohl gechipt und nicht so hungrig gewesen? Welcher herzlose Mensch lässt seinen Hund denn im Winter draußen?
  • Wie süüüüüüß: Welpen. Die Mutter ist bestimmt tot. Wir haben zwei Stunden gewartet, aber sie kam einfach nicht. So lange würde eine Hündin ihre Welpen doch niemals alleine lassen.

Weil das dann aber doch irgendwann problematisch wird und man außerdem Hundefängern ins Gehege kommt, geht man dann irgendwann direkt ins städtische Tierheim oder besser noch: eine TÖTUNGSSTATION. Dort kauft man die Hunde für wenige Euro frei, beschreibt die unhaltbaren Zustände und den nahenden Tod in schillernden Farben und vermittelt, vermittelt, vermittelt. Ach nein: Rettet!

Toller Nebeneffekt: Alle haben was davon. Auch vor Ort: Die Hundefänger können weiterhin ungestört ihre Familien ernähren und kassieren für jeden abgelieferten Hund. Die städtischen Tierheime sind eine Möglichkeit für die Gemeinden, Subventionen zu beantragen, die irgendwo versickern. Wer interessiert sich schon für saubere Zwinger, wenn die Viecher eh alle eingeschläfert werden sollen? Weniger Hunde auf der Straße, weil mit der Gemeinde vor Ort ausgedealt wurde, dass man die streunden Hunde füttern, kastrieren und versorgen darf: Außerhalb der Stadt. Die Tierschutzuschis haben was zu tun und Deutsche bekommen schnell und unkompliziert und ohne viele Nachfragen und Kontrollen einen Hund. Alle sind happy. Eigentlich perfekt. (Anmerkung: sehr verkürzte Darstellung, zwecks ironischem Unterhaltungswert;-) 

 

Und der Seriosität wegen und wegen der Rückläufer arbeitet man als verantwortungsvolle Orga natürlich mit Partnertierheimen in Deutschland zusammen. Man möchte damit sicherstellen, dass die Hunde in einem deutschen Tierheim eingeschätzt und entsprechend optimal vermittelt werden können. Schließlich betreibt man seriösen Tierschutz.

Ein kleiner Nebeneffekt: Man selbst rettet ja Hunde und bringt sie nach Deutschland. Wenn die Leute dann hier mit ihrem Hund nicht klar kommen, kann man meist nicht viel machen. Tierschutzuschi höchst selbst hat bereits 7 Hunde, Pflegestellen alle voll. Schulterzucken und das Angebot (ja, das gibt es wirklich), man könne den Hund mit dem nächsten Transport frischer Importhunde dann wieder mit zurück ins Herkunftsland nehmen. 

Wurde der Hund jedoch über ein deutsches Partnertierheim vermittelt, ist man als Orga fein raus. Das betreffende Tierheim ist dann meist für den vermittelten Hund verantwortlich und nimmt diesen dann zurück. Meistens jedenfalls.

 

 

Wo ist eigentlich das Problem? Sind doch viele Hunde aus dem Tierschutz einfach ganz normale, nette Hunde, die man liebhaben kann. Hunde, die vielleicht nicht reinrassig sind, aber deshalb nicht weniger wert, die bereits gute und auch schlechte Erfahrungen gesammelt, die ein oder andere Eigenart haben, aber eben Alles in Allem einfach ein bisschen Feinschliff benötigen und das Leben ist schön.

Problematisch wird es, wenn Fakten verschleiert und mögliche Probleme schöngeredet oder ignoriert werden und dramatisch, wenn niemand an einen Plan B gedacht hat, falls es mal nicht passt, zwischen der Fellnase und seinem Für-immer-Zuhause.

Denn Sicherheiten oder Garantien gibt es nicht. Es sind Lebewesen. Bedürfnisse ändern sich und hängen von vielen Faktoren ab. 

Sprechen wir von Hundetypen, Hundeverhalten, Rassen und geeigneten Endstellen, sprechen wir immer von Wahrscheinlichkeiten.

Ein Hund kann nicht vollends eingeschätzt werden, wenn er sich in einer vollkommen anderen Situation befindet, als die, in der er zukünftig leben wird und selbst dann ist es möglich, dass der umgängliche Hund nach der ersten Eingewöhnung "auspackt", was bisher allen Beteiligten verborgen blieb. Fraglich ist auch, wer den Hund einschätzt. Mit welchem Blickwinkel? Ein Hund, der in einem großen Tierheim unauffällig mit seiner Gruppe klar kommt und sich gegenüber Mitarbeitenden freundlich bis tolerant verhält, kann sich angeleint an einem unsicheren Menschen in einer deutschen Kleinstadt, ganz anders entwickeln. 

Eine Tierpflegerin in einem rumänischen Tierheim schätzt einen Hund möglicherweise und vollkommen zu recht als absolut nett und unkompliziert ein und denkt nicht im Traum daran, dass die feine Muddi mit Lastenrad unter "nett und unkompliziert" versteht, dass der Hund sich freut, wenn er morgens vor dem Kindergarten erstmal übergriffig von 10 Kinderhänden gleichzeitig angegrabscht wird. Und zack: Bissiger Problemhund. 

Hundeverhalten wird von vielen Faktoren beeinflusst. Dabei spielen Charakter, Erfahrungen, Situation, Erregungslevel, Gesundheitszustand, die beteiligten Personen, die Genetik des Hundes und vieles mehr eine Rolle. 

Auch hier sprechen wir von Wahrscheinlichkeiten:

Es ist wahrscheinlicher, dass ein Podencomix zu jagdlich motiviertem Verhalten tendiert, während es wahrscheinlicher ist, dass ein Herdenschutzhundmix wohl eher dazu neigen wird, fremden Menschen und Hunden ablehnend zu begegnen. Ausnahmen sind möglich. Darauf sollte man aber nicht bauen.

Darauf kann man sich natürlich nur einstellen, wenn man den Podencomix bewusst als Podencomix anschafft und so deklariert bekommt und den Herdenschutzhundmix eben auch informiert und gezielt anschafft, statt in dem Glauben gelassen zu werden, dass es sich dabei um einen Golden-Retriever-Hütehundmix handelt. Ich traue es mich kaum zu sagen, aber im Zweifel verschafft ein Gentest wenigstens ein bisschen Klarheit. Meistens kann man jedoch aufgrund der Herkunft, also der Region, in welcher die Hunde "eingesammelt"/gerettet werden und dem Phänotyp schon ganz gut einschätzen, "was so alles drin sein könnte".

In den USA wird ganz offen darüber gesprochen, dass Pitbulls gerne als Labradormixe vermittelt werden, da sie sonst aufgrund ihres schlechten Images keine Chance haben.

Und bei uns? Bei uns wird der Herdenschützer eben als prächtiger Goldy oder Hütehundmix verkauft und der Jagdhund als kurzhaariger Border Colliemix. Wer das glauben will und sich seine Illusion jetzt auch nicht von den ganzen negativen Bedenkenträgern kaputt machen lassen will, der glaubt das gerne.

 

Das ist mal mehr und mal weniger problematisch, aber grundsätzlich wissentlicher Beschiss. Oder glaubst du ernsthaft, dass mitten in Rumänien reihenweise reinrassige Golden Retriever unkontrolliert reinrassige Goldiewelpen gebähren? Wohl kaum. Meinst du, dass das den Leuten dort im Auffangtierheim oder der Sammelstelle nicht klar wäre? Warum meinst du, werden dann solche Postings verfasst?

 

 

Quelle: Instagramseite von Tierhilfe Hoffnung: https://www.instagram.com/tierhilfehoffnungofficial/
Quelle: Instagramseite von Tierhilfe Hoffnung: https://www.instagram.com/tierhilfehoffnungofficial/

Dabei geht es nicht um Reinrassigkeit. Vollkommen schnuppe. Aber Hund ist eben doch nicht gleich Hund. Wenn die junge Studentin wochenlang nach einem lieben Anfängerhund aus dem Tierschutz fahndet und endlich fündig wird, sich der liebe Labradormix dann aber als waschechter Mix aus Jagdhund und Herdenschutzhund entpuppt und garnicht mal sooooo lieb ist, wie angepriesen (und schon garnicht selbsterziehend, wie es Labradore sein sollen, aber nicht sind), kommt man aus dem Staunen nicht mehr raus. 

Wenn der Hund dann wieder weg soll, weil man bereits nach 3 Tagen merkt, dass man 45 kilo wütenden Hund in der Innenstadt nur schwerlich händeln kann, stellt man fest, dass die Orga da jetzt soooo kurzfristig leider nix machen kann.

Man solle sich doch bitte ans nächste Tierheim wenden oder den "Labrador" wenigstens so lange behalten, bis man ihn wieder mit dem nächsten Transporter zurück nach Ungarn nehmen kann.

Hallo? Geht's noch?

 

Das nächstgelegene Tierheim kann und will den Hund nicht nehmen. Man ist bereits überfüllt mit hauptsächlich auffälligen, anspruchsvollen Hunden, die gerettet wurden, bis die Halter:innen oder ihre Mitmenschen gerettet werden mussten und der Hund dann eben dort gelandet ist. Die Orga die importiert hat? Nee, die hatten keine Kapazitäten, keine Pflegestellen, keine Möglichkeiten und nach dem dritten nervigen Anruf auch irgendwie keine funktionierenden Telefone mehr. "Wir machen das ja hier auch nur ehrenamtlich". Ja, schön. Dann aber lieber garnix machen. Jedenfalls keine falsch etikettierten Hunde an unwissende Hundeinteressenten verkaufen. Die wissen es nicht besser (könnten sie aber, wenn sie sich beraten lassen würden), die Orgas schon, oder?

 

Und natürlich, das möchte ich hier nochmal ganz deutlich betonen, gibt es auch den guten Tierschutz, die seriösen Vereine, die Orgas, die es nicht nur gut meinen, sondern auch gut machen. Die Hunde testen, einschätzen und ausführlich beschreiben, Menschen vor- und nachkontrollieren, Hunde zurücknehmen und auch über das reine Vermitteln von Hunden hinaus, in der jeweiligen Region engagiert sind.

Dazu gehören Kastrationsprojekte, Aufklärung vor Ort, Trainingsangebote nach der Vermittlung, erreichbare Ansprechpartner:innen über die Vermittlung hinaus und politisches Engagement im jeweiligen Exportland. Von ihnen gibt es aber leider zu wenige und von den unseriösen à la Tierrettung Hoffungsvoll und Pfotenhilfe Flauschibär zu viele.

Es ist auch nicht so, dass ich nicht verstehe, dass Alles relativ wird, wenn man die Umstände vor Ort erlebt. Halbtote Hunde, kranke Tiere, viel Leid, viel Grausamkeit und vor allem Gleichgültigkeit. Ich verstehe, dass man dann sagt: Alles ist besser, als das hier. Lass uns so viele wie möglich irgendwie da rausholen. 

Würde man sich dann nicht den Anstrich des ganz doll durchdachten Tierschutzvereins geben, sondern einfach klar kommunizieren: "Hört zu Leute. Die Umstände hier sind räudig, die Hunde verrecken hier jämmerlich und wir können das so nicht lassen. Wer will einen kranken, gestörten oder sehr ursprünglichen Hundetyp, der ihn hart abstressen oder viel Geld kosten wird? Übrigens: Die meisten Hunde sind echt easy. Aber kann halt sein, dass du Pech hast und: Ist der Hund bei dir, wollen wir mit nix mehr was zu tun haben. Volles Risiko. Wer will?"

damit wäre ich fine und vielleicht würde dann auch das ganze Gejammer und die Schuldzuweisungen aufhören. Klare Kommunikation. Finden Hunde übrigens auch viel besser, als um den heißen Brei rumzureden ;-)

 

Sind also die Orgas schuld daran, dass so viele Vermittlungen misslingen und deutsche Tierheime massenweise Hunde beherbergen, die schwer oder garnicht mehr vermittelbar sind, nachdem sie einst gerettet und irgendwohin mit Futternapf und Körbchen importiert wurden? Ja. Aber das ist nur ein Teil des Problems.

 

Und der zweite Teil, dich und mich, wir Hundehaltenden, haben einen mindestens genauso großen Anteil an diesen katastrophalen Umständen. Das wird gerne mal nicht so deutlich gesagt. Man möchte niemanden persönlich angreifen, jetzt weiß man es ja besser und würde nicht mehr so handeln und überhaupt, Vorwürfe nützen ja niemanden.

Stimmt. Totschweigen und lächelnd Lösungen suchen bewahrt uns aber leider nicht davor, dass jeden Tag weitere Menschen Fehlentscheidungen treffen. Also müssen wir darüber reden, aufklären und hoffen, dass wir wenigstens ein bisschen Schadensbegrenzung betreiben können. Und dazu gehört meiner Meinung schon auch, mal klar auszusprechen, dass viele Hundehalter:innen wider besseren Wissens und trotz sehr vieler Aufklärungs- und Informationsmöglichkeiten Alles ignorieren und stattdessem egoistische Kinderentscheidungen treffen, um dann anderen die Schuld und die Verantwortung zuzuschieben. Denn ohne uns Hundehaltende gäbe es nicht hunderte von kleinen und großen unseriösen Orgas sowohl im In- als auch im Ausland, die einen mittelguten bis schlechten Job machen und gewissenlos massenweise Hunde auf gut Glück in deutsche Einfamilienhäuser vermitteln und nicht mehr zuständig sind, sobald was schief läuft.

Du, ich, die Hundehalter:innen

Ganz ehrlich: Wie lange hast du recherchiert, bevor du dir einen Hund gekauft hast? An wen hast du dich gewandt? Hast du dir ehrlich und aufrichtig die Frage gestellt, was du einem Hund bieten kannst, was nicht und was dein Hund mitmachen können, wollen, müssen wird? Waren die Antworten darauf auch noch bei der Entscheidung für diesen einen Hund präsent? Hast du dich mit der Frage beschäftigt, ob du damit leben kannst, wenn trotz aller Maßnahmen und reiflicher Überlegung dann doch alles anders läuft? 

Ich habe das nicht getan, als ich mit 20 Jahren ins Tierheim gewackelt bin und den erstbesten Hund haben wollte, der mit sympathisch war. Und ich sag's mal so: Das war ein wilder Ritt. 

Unser beider Glück: Ich war jung, hatte viel Zeit und richtig Bock auf eine Aufgabe. Keine Kinder, keine Partnerschaft, keine beruflichen Verpflichtungen von Tragweite. Was wäre mir meine erste Hündin um die Ohren geflogen, hätte ich bereits ein Kind oder einen festen Job gehabt. Dann hätte ich den Hund allerdings auch nicht bekommen. Das Tierheim hat nämlich genau das getan, was viele Interessenten mit ihrem Wunsch nach einem Hund in den Auslandstierschutz treibt: Es war kritisch, wollte Unterlagen sehen, Beweise haben, dass ich das ernst meine und den Bums bezahlen kann, dass ich unseren Garten einzäune, sie haben das kontrolliert und zwar mehrmals. Hat sich nicht gut angefühlt, so überprüft und in Frage gestellt zu werden. War aber richtig.

"Sowas würde man sich heute nicht mehr gefallen lassen. Die sollen doch froh sein, wenn man einen Hund adoptieren will." Sind Sätze, die ich oft höre, wenn mal wieder jemand keinen Hund bekommen hat, obwohl die Person höchstselbst davon überzeugt ist, das weltbeste Hundezuhause zu bieten und dann .... eben einen Hund aus dem Ausland kauft. Dass man die Zurückweisung vielleicht mal als Anlass nehmen sollte zu reflektieren, ob man wirklich ready ist, die nächsten 10-15 Jahre vollumfänglich für die artgerechte Haltung eines Tieres verantwortlich zu sein, kommt nicht in Frage. 

"Soll das jetzt heißen, dass man arbeitslos, aber im eigenen Haus mit Garten wohnen und Hundetrainerin sein muss, um hier einen Hund zu bekommen?"

Äh..nein. Aber manchmal sind die Voraussetzungen für einen eigenen Hund eben jetzt (noch) nicht gegeben. 

Und klar: Wenn hierzulande die Tierheime voll mit unpassenden Hunden sind und man auch keine gezielte Zucht unterstützen möchte, ist es vollkommen ok, einen Hund über eine Auslandstierschutzorganisation zu kaufen. Aber bitte informiert und überlegt.

Selbstreflektion

Frage dich aufrichtig und ehrlich, warum du einen Hund möchtest. Soll dein Hund eine Lücke füllen? Soll er einfach eine schöne Bereicherung sein? Wie genau stellst du dir das vor? Bist du gerne sportlich aktiv und viel draußen oder wärst du das nur gerne und erhoffst dir, dass dich ein Hund zu der Person macht, die du gerne wärst?

Bist du eher selbstbewusst und bestimmend oder konfliktscheu und harmoniebedürftig? Wieviel Geduld kannst du aufbringen, wenn jemand deine Wohnung zerstört, dir Sachen klaut, dich blamiert oder dir wehtut? Kannst du so etwas aushalten? Willst du so etwas aushalten? Was wäre deine emotionale Reaktion? 

Interessieren dich Hunde generell oder bist du einfach furchtbar in den Nachbarshund verliebt und wünschst dir genau so einen Hund? Wie wahrscheinlich ist es, dass du eine Kopie dieses Hundes findest?

Oder sind dir persönlich Hunde wurscht, aber deine Kinder wünschen sich schon lange einen Hund und nachdem das mit dem Kaninchenstallsaubermachen nicht so gut geklappt hat, hoffst du, dass sie mit einem eigenen Hund endlich lernen, was Verantwortung heißt?

Bist du sehr freiheitsliebend und magst es überhaupt nicht, fremdbestimmt zu sein? Auf was könntest du zugunsten deines Hundes verzichten und auf was auf gar keinen Fall?

Was ist, wenn dein Hund krank ist? Ich meine nicht, wenn er mal Durchfall hat, sondern wenn sich rausstellt, dass dein Joggingbegleiter kaum die Treppen hochkommt und das auch nicht besser werden wird, dir aber klar ist, dass er in diesem Zustand kaum Chancen auf ein anderes Zuhause hat und du ihn wohl behalten wirst. Ob du willst oder nicht. Kannst du damit leben, falls dein Leben sich durch einen Hund verändert? 

Kannst du es bezahlen, wenn du das Leben mit deinem Hund verändern willst oder musst? Könntest du eine Hundetrainer:in bezahlen, vielleicht sogar Einzelstunden finanzieren, falls nötig, wäre es möglich umzuziehen für deinen Hund oder trotz deines Hundes? 

Das sind alles ganz allgemeine Fragen, mit denen man sich mal befasst haben sollte, bevor man überhaupt darüber nachdenkt, tatsächlich einen Hund anzuschaffen.

Denn daraus lässt sich schon einiges an Anforderungen ableiten. An dich, deinen zukünftigen Hund und deine Umwelt. Es hilft dir, unpassende Hunde herauszufiltern und deinen Blick möglicherweise auch auf Hunde zu lenken, die dir vielleicht nicht sofort ins Auge stechen, die aber besser zu dir passen würden.

Beispiel? 

Eine Familie mit zwei Grundschulkindern wollte schon lange einen Hund. Papa fährt gerne viel Fahrrad, Mama träumt schon immer von einen Border Collie. Die sind so intelligent. Den Kindern ist alles recht, Hauptsache ein Hund. So wurde ein süßer, kleiner Border Collie Welpe gekauft und nach 6 Wochen wieder zurück zur Züchterin gebracht. So anstrengend hatte man sich das nicht vorgestellt. Man sei am Ende seiner Kräfte. Der Welpe hat einfach normale Welpensachen gemacht: In die Wohnung gekackt, die Kinder gebissen, nachts gejault und sich draußen gegruselt. 

Ein paar Monate später entschied man sich für einen zweiten Versuch in Sachen Hund und probierte es mit einer fünfjährigen, ruhigen, gesundheitlich etwas angeschlagenen, weder sonderlich intelligenten noch schönen Hündin, die bereits nach wenigen Tagen zufrieden neben dem Kinderbett döste, auch mal alleine bleiben konnte und die Familie von Anfang an gerne und entspannt, trotz kleiner Einschränkungen im Alltag begleiten konnte.

Hätte man sich vorher schon mal damit befasst, was wirklich zu einem passt und dass man gut darauf verzichten kann, den Hund mit zum Fahrradfahren zu nehmen, dass es nicht so wichtig ist, ob das Fell seidig glänzt oder eher straßenkötergrau ist, wenn er dafür einfach ein unkomplizierter und netter Begleiter ist und sich eingesteht, dass man mit der Erziehung zweier Kinder vielleicht schon genug ausgelastet ist, hätte man sich das sparen können.

Dem Border Collie Welpen hätte man ebenfalls viele ungünstige Erfahrungen ersparen können.

Das war insgesamt ein ganz schön hoher Preis für eine unreife Entscheidung zweier Erwachsener. (Die übrigens trotz eingehendem Abraten  durch eine Hundeschule, dem Wissen um den reizoffenen Hundetyp und die Herausforderungen von Welpen mit Kindern im Vorhinein so getroffen wurde).

 

Noch ein Beispiel?

Anne saß im Homeoffice und wusste, dass das vorerst so bleiben würde. Jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt. Eines Abends klickte sie sich über Kleinanzeigen und Inserate bis zu einer Tierschutzorga durch. Die hatten gerade eine Mutterhündin von den Straßen Griechenlands geholt und peppelten die kleinen Welpen auf, die in wenigen Wochen ausreisefertig sein würden. Neugierig, süß, mit dem Recht auf ein Leben außerhalb einer Auffangstation trat einer dieser Welpen mit 16 Wochen die Reise nach Deutschland an. 2 Jahre später möchte sie ihn abgeben. Der stattliche Rüde hat sich erwartungsgemäß entwickelt und verhält sich, wie sich ein griechischer Hiertenhund zu verhalten hat. Ob Anne nicht wusste, dass das auf sie zukommen könnte? Doch. Schoooon. Aber sie dachte halt, dass das schon wird. Sie hat das mit dem Herdenschutzhund nicht so ernst genommen und als er klein war, war er ja auch eher schüchtern. Ja, sie weiß, dass sie das von der Trainerin gesagt bekommen hat, mit den Regeln zu Hause, der Konsequenz und dass es nicht so cool war, ihn überall hinrennen zu lassen. Aber da ist ja auch ewig nix passiert. Jetzt heult sie und hat schon alle Tierheime abgeklappert. Nur eins in Brandenburg hat noch einen Platz frei. Ist aber kein richtiges Tierheim. Eher eine Art Pension. Kann sie jetzt aber auch nicht ändern, denn sie kann einfach nicht mehr. Tja, schade. Vor allem um den Hund, der jetzt gerade irgendwo in Brandenburg durch Gitterstäbe lurt und die Welt nicht mehr versteht. Anne genießt derweil endlich wieder ihr Leben. Das war eine harte Zeit für sie. Zum Abschied bedankt sie sich für mein offenes Ohr und sagt lachend, dass der nächste Hund definitiv nicht aus Griechenland kommen wird. (Achso, dann ist ja gut. Da haben wir ja richtig viel verstanden.)

 

Es sind eben nicht nur die Orgas, die Hunde falsch beschreiben, behaupten, dass jeder weiße Hund mit Schlappohren ein Golden Retrievermix ist und Alles andere Labradormixe. Die weder Vor- noch Nachkontrollen machen, Hunde ungesichert auf Raststätten übergeben und nicht mehr ansprechbar sind, wenn es zwischen Hund und Mensch nicht passt. 

Es sind auch die Menschen, die unbedingt einen Hund haben wollen, aber Ohren und Augen schließen, wenn es darum geht, unangenehme Wahrheiten zu hören und diese in ihre Entscheidung mit einzubeziehen.

Menschen, die sich sehenden Auges für einen ernsthaften Gebrauchshund entscheiden und genau wissen, dass dieser besondere Anforderungen an sie stellen wird und trotzdem so tun, als würde das für sie nicht gelten.

Menschen, die sich ganz gezielt für eine sehr sensible, anhängliche Rasse entscheiden und dann erstaunt sind, dass der Hund sich in der Huta garnicht so gut einfindet und das jetzt ein Problem ist, weil man ja einen Job hat und ja "auch noch ein Leben". Man habe halt gedacht, die in der Huta sind Profis. (Achso, klar. Die Huta ist also schuld.)

Menschen, die Sätze anfangen mit "Ich hab halt gedacht....". 

Würden sie dann wenigstens enden mit "....jetzt muss ich die Verantwortung tragen."

Das -liebe Leser:innen- ist leider selten der Fall. Erstmal wird geheult und dann nach Schuldigen gesucht, sich über die Orga aufgeregt, die einen hätte besser aufklären müssen, das Tierheim, das den Hund nicht nimmt, die Hellhound Foundation, die nicht ans Telefon geht und die Hundeschule, die irgendwann auch nicht mehr weiterhelfen konnte. Wer denn jetzt zuständig sei? Es könne ja wohl nicht sein, dass man damit alleine gelassen wird? Was man jetzt machen soll?

 

Ich sach mal so: Löffel nehmen und auslöffeln. Niemand ist zuständig, außer du selbst. 

Das kann man unfair finden und in dem ein oder anderen Fall ist es das auch. Wie oft ich schon wütend und traurig von einem Erstgespräch nach Hause gefahren bin, weil wieder einmal unwissenden, naiven Leuten ein Hund auf's Auge gedrückt wurde, der dort einfach nicht passt und die jetzt statt gemütlichem Gassi erstmal Maulkorbtraining machen müssen. (Backstory: Man suchte einen lieben, gerne älteren Hund, der kleine Gassirunden in der Stadt mag und ansonsten zu Hause auf die Couch zum Kuscheln kommt. Blöd jetzt: Den Hund stresst die Stadt, er kommt nämlich vom Land. Der Hund mag lange Gassirunden, ist zwar "schon" 8 aber eben ein Terrier. Der Hund darf nicht mehr auf die Couch, weil er denjenigen, der darauf sitzt vor anderen Familienmitgliedern mit seinen süßen kleinen Zähnchen verteidigt. Wusste man das im Tierheim? Aber klar doch. Das wusste man sogar sehr genau. Man war einfach froh, dass dieser unverträgliche, wilde, ungehorsame, gestresste Hund endlich nicht mehr das gesamte Tierheim aufmischt und man einen Deppen gefunden hat, der die Story vom alleingelassenen Rentnerhund glaubt. Naja, ok: Das mit dem Rentnerhund stimmt. Nur leider war der Rentner so rüstig, dass er den Hund regelmäßig mit seinem Gehstock vermöbelt hat, weshalb Männer mit Stöcken generell problematisch sind. Erwähnte ich, dass der Besitzer ein Mann mit Gehbehinderung ist? Ich lieb's)

In vielen Fällen ist es aber auch ganz einfach selbstgewähltes Schicksal oder wenigstens eine Mischung daraus. Mit dem Kopf durch die Wand, Konsumentscheidung jetzt, wird schon gut gehen, die Beckers von nebenan kriegen das mit ihrem Köter ja auch hin. Ist doch quatsch, was die Hundetrainerin in der Beratung vor der Hundeanschaffung erzählt hat. Man kann's auch übertreiben. Hund ist Hund. Früher hat man auch nicht so ein Gewese um die Viecher gemacht. So. (Stimmt, aber auch nicht so viel wegen sich selbst geflennt).

Alle meine Kolleg:innen, inklusive mir, bieten Beratung vor der Hundeanschaffung an. Manche sogar gratis. Weißt du, wie oft dieser Service in Anspruch genommen wird? So gut wie nie. Will man nicht hören. Anstrengend, so negativ, kompliziert, fast aussichtslos. Im schlimmsten Fall müsste man erkennen, dass man einfach keine geeigneten Voraussetzungen für einen Hund bietet. Hallooo? Ich hab Geld, ich will und zwar jetzt. Was heißt hier, nicht geeignet??

Und wenn doch, wird sich Alles geduldig angehört, genickt, interessiert nachgefragt, um zwei Wochen später, "aus einem Gefühl heraus und ganz spontan, weil es sich so richtig angefühlt hat", genau den Hund zu kaufen, von dem einen abgeraten wurde.

 

Die Frau, die sich selbst als trainingsfaul bezeichnet und gerne einfach entspannt auf die Hundewiese gehen mag und sich gerne mit anderen Hundehalter:innen aus der Nachbarschaft unterhält, hat jetzt was für einen Hund? Richtig: Einen 18 Wochen alten Jagdhund, der bereits jetzt abgeht wie sonstwas, wenn es im Gebüsch nur leise raschelt. Wer quengelt darüber, dass der Junghund garnicht mal so gut ansprechbar ist, wenn man zur Hundewiese läuft und das Training so schleppend läuft? Wem wurde empfohlen eventuell eher nach einem erwachsenen Hund Ausschau zu halten, den man in einem deutschen Tierheim oder einer Pflegestelle in Ruhe kennenlernen und recht easy gemeinsam in einen normalen Alltag starten kann?

 

Es wird so oft behauptet, man hätte das ja Alles nicht gewusst, keiner hätte einem das gesagt, heute wäre man klüger. Sorry Leute, das zählt heute nicht mehr als Ausrede. Niemand kann heute noch von sich behaupten keinen Zugang zu sowohl zahlungspflichtigen als auch kostenlosen und wirklich sehr vielfältigen Informationsangeboten gehabt zu haben. 

 

Neben Tante Google, gibt es eine Reihe weiterer Informationsquellen:

  • Frage in Tierarztpraxen nach: Welche Erfahrungen haben sie mit bestimmten Hundetypen oder Rassen? 
  • Recherchiere in Foren zu bestimmten Hundetypen oder Verhaltensproblemen.
  • Gehe auf Hundewiesen und beobachte die Hunde. Richte deinen Blick auch mal in weitere Ferne. Dort, wo die Hunde ausgeführt werden, die auf Hundewiesen keinen Spaß haben.
  • Tausche dich mit Hundehalter:innen aus.
  • Besuche verschiedene Tierheime und stelle auch kritische Fragen.
  • Besuche Hundevereine.
  • Gehe in verschiedene Hundeschulen oder vereinbare Beratungstermine.
  • Gehe vielleicht auch mal in einen Hundesalon: Auch hier kann dir zu diversen Hundetypen viel Wissenswertes und Erfahrungswissen berichtet werden.
  • Rede mit Leuten, die deine Wunschrasse oder deinen Wunschhundetyp halten und rede aber auch mit denen, die deine Vorliebe nicht so teilen.
  • Informiere dich nicht nur bei Zuchtverbänden, Rasseclubs, Züchter:innen oder den vermittelnden Orgas selbst, sondern frage besonders dort nach, wo man vielleicht eher kritischer ist. 
  • Sprich mit Freund:innen und Familie und bitte um ehrliches Feedback. Wie schätzen sie dich und deine Kapazitäten ein? 
  • Verlass dich nicht auf Zusagen à la "Wir nehmen deinen Hund dann immer gerne, wenn du mal nicht kannst". "Klar, kannst du den dann immer mitbringen" und Ähnliches. Sowas gilt meist nur eingeschränkt und für den Fall, dass Alles so bleibt wie es ist und dein Hund super easy ist. Das ist ok so, sollte man sich aber drauf einstellen. Schließlich ist es dein Hund und nicht der deiner Bekannten.
  • Und zu guter letzt: Recherchiere GRÜNDLICH, von welcher Organisation zu einen Hund kaufst. das gilt für das In- als auch das Ausland!

Nimm jede einzelne Aussage ernst. Wiederholen sich Erfahrungen und Meinungen, solltest du das ernst nehmen und dich fragen, ob das für dich ok wäre.

Hundetrainer:innen können dich zu Kennenlernen begleiten, dir helfen, einen neutralen Blick auf einen bestimmten Hund zu werfen und dich, falls nötig, von der Wolke 7 erstmal wieder runterholen, bevor du einen unüberlegten Impulskauf tätigst. Genauso hilft eine fachliche Einschätzung aber auch dabei, den passenden Hund dann auch mutig in sein Herz zu schließen. Denn viele Informationen können einen auch verwirren, überfordern und einschüchtern. Die meisten Hundetrainer:innen sind genau für so etwas empathische und kompetente Begleiter:innen. Du kannst dir garnicht vorstellen, wie unser Hundetrainer:innenherz hüpft, wenn sich jemand am Telefon mit "Hallo, ich wünsche mir einen Hund und würde mich gerne vorab beraten lassen" meldet.

 

Bestelle keine Hunde im Internet. Nicht bei Tierschutzorgas und auch sonst nirgends. 

Falls du das doch tust, solltest du dir im Klaren sein, dass du eine sehr unvernünftige Entscheidung triffst, die zu Lasten des Hundes, weiterer Hunde oder dir und deinem Umfeld gehen kann. Niemand wird dafür verantwortlich sein, außer du selbst. Niemand wird kommen und "das Problem" für dich lösen. Im blödesten Fall, lebst du die nächsten 15 Jahre mit einem Tier zusammen, das dich nervt, das du nicht mehr leiden kannst, das dir Angst macht, das dich einschränkt, das du krank gemacht hast, das du isolierst, das du nicht angemessen hältst, das dich wie ein wandelndes schlechtes Gewissen an deine folgenschwere, unüberlegte Entscheidung erinnert und das dich viel Geld kostet oder das schlimmstenfalls jemanden verletzt hat. 

 

Sei dir im Klaren, dass Hundetraining und Verhaltensberatung viel helfen kann, aber selten einen anderen, neuen Hund aus deinem Hund macht. Es gibt weder Erfolgsgarantien noch eine Abkürzung. Möglicherweise dauert es Jahre, bis dein Alltag mit Hund wirklich bereichernd und nicht mehr belastend ist. Für jemanden, der mit ganz seltsamen, romantisierten und unrealistischen Vorstellungen gestartet ist, wird es eine harte Landung werden. Der Hund kann da nix dafür, denn "by the way": Die meisten angeblichen "Problemverhalten" sind ganz normales Hundeverhalten. Nicht problematisch, nicht unangemessen, nicht gestört. Unsere Welt und unsere Erwartungen sind es häufig.

 

Und auch, wenn das Alles sehr negativ klingt, geht es ja auch wirklich und trotz unüberlegter Entscheidungen oft gut. Als Hundetrainer:in sieht man ja meist die Fälle, die schwierig wurden, die nicht optimal liefen, wenn Hund und Mensch sich nicht verstehen oder der Hund sich nicht mit der Welt versteht, in die er ungefragt verfrachtet wurde.

Trotzdem finde ich, dass es zu viele Fälle geworden sind. Denn wenn ich mich mit Kolleg:innen austausche, bin wohl nicht nur ich diejenige, die diesen Eindruck hat.

 

Zu viele Orgas, die Hunde umetikettieren und bewusst beschönigend beschreiben. Zu viele Hunde, deren gesundheitliche Einschränkungen und Krankheiten wissentlich verschwiegen werden, in der Hoffnung, dass die neue Familie den ja dann trotzdem behalten wird. Zu viele Hunde, die angeschafft werden mit der Attitüde, dass man in seinem Leben bisher ja alles planmäßig hinbekommen hat und der Hund sich "schon anpassen wird". (Tja, da muss sich der 50 jährige Karrierist dann mal doll schütteln, wenn er in einem 20 kilo leichten Straßenköter seinen Meister in Sachen Souveränität findet). Zu viele Menschen, die hier anrufen und fragen, ob ich jemanden wüsste, der ihren Hund nehmen könnte, wenn ich selbst ihn schon nicht nehmen will. Sie sind am Ende. "Sonst wird er eingeschläfert". 

Ja, dann mach doch. Aber bitte sei du höchstselbst diejenige, die ihren Impulskauf von einer Tierarztpraxis zur nächsten zerrt, bis sich irgendwann jemand findet, der deinen Hund einschläfert. Einfach nur, weil du ihn ungefragt und unüberlegt in dein hundeungeeignetes Leben gezerrt hast und er sich nicht angepasst hat. Du hast zwar schon gehört, dass alle gegen diesen Hund bei dir waren, aber du wolltest so doll, dass du dachtest, das reicht aus. Achso gebissen hat er? Ja, hätte ich auch an seiner Stelle. Sorry, mein Mitleid hält sich bei all den rührseeligen Leidensgeschichten von Menschen, die ja angeblich Aaaalles probiert haben, die ja ganz unschuldig in diese blöde Situation mit diesem schwierigen Hund geraten sind, in Grenzen. 

Wenn ich mich so umhöre, geht es vielen meiner Kolleg:innen so. Es spricht nur niemand so gerne so unangenehm unsympathisch aus. Besonders in helfenden Berufen schickt es sich nicht, auch mal kein Verständnis zu haben, klare Worte zu finden und verzweifelten Menschen noch zusätzlich Einen mitzugeben. Die Schuldfrage zu stellen ist schmerzhaft und im Einzelfall wirklich oft nicht konstruktiv. Das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen und Schuldzuweisungen nützen dann natürlich diesem Menschen in diesem Moment wenig. Und schon garnicht dem Hund. Aber vielleicht hält es zum Nachdenken an und das wär ja schon mal was.

 

 

Mir ist klar, dass das als Hundetrainerin ein gewagter Rant ist. Niemand, der halbwegs bei betriebswirtschaftlichen Verstand ist, bepöbelt seine eigene Zielgruppe. Aber hey: Ehrlich währt ja angeblich am längsten und was ich eigentlich sagen wollte: Lasst euch nicht verarschen, verarscht aber auch selbst keinen und denkt immer daran:

Hunde sind Lebewesen und sie schulden uns garnichts ♥️

 

Liebste Grüße,

deine Mela

 

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